Border guards climbed over the obstacle on horseback. Kashgar City, Xinjiang
Kommentar
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Berichte über Tibet überschatten Chinas Propagandaoffensive zu Xinjiang

Die Fakten: Viel Eigenlob bezüglich des Vorgehens in Xinjiang enthält ein von Chinas Staatsrat am 17. September veröffentlichtes Weißbuch mit dem Titel “Beschäftigung und Arbeitsrechte in Xinjiang”. Das Dokument würdigt die Beschäftigungsmaßnahmen der Regierung. Diese würden “die beruflichen Präferenzen der Menschen respektieren” und stünden “im Einklang mit internationalen Arbeits- und Menschenrechtsstandards”. Diese Aussagen stehen in starkem Gegensatz zu zahlreichen Berichten über Zwangsarbeit und erzwungene Umerziehung in Xinjiang und auch zu den neuesten Berichten über ähnliche Maßnahmen in Tibet.

Der US-Kongress verabschiedete unter Verweis auf Menschenrechtsverletzungen am 23. September ein „Gesetz zur Verhinderung uigurischer Zwangsarbeit“. Ausgeweitet wurden auch Importbeschränkungen und Sanktionen gegen das Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC), ein staatlich-militärisches Konglomerat und wichtiger Produzent von Baumwolle und Tomaten, sowie gegen ranghohe Beamte in der Region. Der schwedische Bekleidungskonzern H&M folgte dem Beispiel anderer Unternehmen und beendete die Zusammenarbeit mit Textilproduzenten in Xinjiang.

Der Blick nach vorn: Das Weißbuch ist Teil einer Propagandaoffensive, die in den vergangenen Wochen in Chinas parteistaatlichen Medien zu beobachten war. Zu der Kampagne gehört die Dokumentation “Lügen und Wahrheit: Berufsbildung und Training in Xinjiang” und eine achtteilige Serie mit dem Titel “Seltener Einblick in die Provinz Xinjiang”. Die chinesische Regierung hat auch führenden Vertretern der Europäischen Union angeboten, sich ein Bild von der “wahren Situation in Xinjiang” zu machen. Bislang haben diese die Teilnahme an solchen aus ihrer Sicht sorgfältig choreographierten Delegationsreisen abgelehnt.

MERIC-Analyse: “Beijing spürt den Reputationsschaden und die wirtschaftlichen Kosten seiner repressiven Maßnahmen in Grenzregionen wie Xinjiang”, sagt MERICS-Expertin Katja Drinhausen: “Das Weißbuch spricht die internationalen Bedenken jedoch nicht an und lässt auch nicht die Absicht eines Kurswechsels erkennen. Vielmehr scheint Beijing zu argumentieren, dass Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze vorrangig und die Sorge über individuelle Bürgerrechte fehl am Platz sind.“ 

Medienberichte und Quellen:

Dieser Beitrag ist Teil des MERICS China Briefings vom 24. September 2020.