USA erhöhen Druck im Handelsstreit
China Update 8/2019
METRIX
Eine schwache Binnennachfrage und der anhaltende Handelskonflikt haben die Importe von Gütern aus den USA nach China im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um fast 32 Prozent auf 28,5 Milliarden Dollar (EUR 25,4 Mrd.) einbrechen lassen. Auch die chinesischen Exporte in die USA schrumpften um 8,5 Prozent auf USD 91,1 Milliarden, der gesamte Handel beider Staaten um 15,4 Prozent auf USD 119,6 Milliarden.
Thema der Woche
USA erhöhen Druck im Handelsstreit - China schickt dennoch Vizepremier nach Washington
Die erhoffte Einigung bleibt weiter aus: Im Handelskonflikt zwischen China und den USA haben sich die Fronten erneut verhärtet. Wenige Tage vor geplanten Verhandlungen in Washington kündigte US-Präsident Donald Trump auf Twitter eine drastische Erhöhung der Zölle auf Importe aus China an. Auf Güter im Wert von USD 200 Milliarden (EUR 178 Mrd.) sollen die Zölle ab Freitag von zehn auf 25 Prozent angehoben werden.
Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer beschuldigte China, bereits gegebene Zusagen wieder zurückgenommen zu haben. Das chinesische Handelsministerium kündigte in einer am Mittwoch veröffentlichen Stellungnahme Gegenmaßnahmen an, sollten die USA ihre Drohung umsetzen. Trotz der konfrontativen Töne wird der chinesische Chefunterhändler, Vizepremier Liu He, zu neuen Gesprächen nach Washington reisen.
Die Erhöhung waren bereits zum 1. März angedroht worden, wurden aber auf Eis gelegt, um mehr Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. China reagierte mit Kritik auf Trumps Ankündigung: “Zölle einführen löst kein Problem”, sagte der chinesische Außenamtssprecher Geng Shuang am Dienstag vor Journalisten. Er betonte, China sei es “ernst” mit einer Fortführung der Gespräche. Liu He wird am Donnerstag und Freitag in Washington verhandeln.
Die Regierung in Beijing will ein Scheitern der Gespräche vermeiden, da sie ein weiteres Abrutschen des Wirtschaftswachstums - im ersten Quartal lag es bei 6,4 Prozent – sowie eine Schwächung des chinesischen Yuan vermeiden will. Auch die durch den Handelsstreit ausgelösten Börsenturbulenzen sorgen in Beijing für Unruhe. Auf weitergehende Konzessionen will sich Beijing aber offenbar nicht einlassen: Berichten zufolge wies Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping Spekulationen zurück, die chinesische Seite werde in den Gesprächen diesbezüglich zusätzliche Angebote machen.
Der Handelskonflikt zwischen den beiden Wirtschaftsmächten dauert seit März vergangenen Jahres an. In den vergangenen Wochen hatte es so ausgesehen, als näherten sich beide Seiten an. Der US-Kritik zufolge hat China Zusagen, vor allem zur Reduzierung staatlicher Subventionen für Kernindustrien, wieder zurückgezogen. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wurde der Entwurf eines 150-seitigen Handelsabkommens von der chinesischen Seite an entscheidenden Stellen geändert.
Wie lange das Auf und Ab bei den schwierigen Verhandlungen noch andauert, ist offen. Einerseits könnte Trump an einer Verlängerung des Konflikts interessiert sein, um im Vorfeld der 2020 anstehenden Präsidentschaftswahl bei seiner Wählerschaft mit einem emotional besetzten Thema Stimmung zu machen. Andererseits leidet auch die US-Wirtschaft bereits jetzt unter dem Konflikt. Xi Jinping ist auch an einer Beilegung des Streits interessiert, um die innenpolitische Stabilität zu wahren. Eine Beschädigung seiner Autorität durch allzu große Kompromisse an Washington wird er aber nicht riskieren.
MERICS-Experte Max J. Zenglein: “Eine weitere Eskalation im Handelsstreit könnte die globalen Lieferketten unterbrechen. Für Europa wäre es auf Dauer schlecht, wenn sich die USA und China nicht einigen. Zugleich besteht das Risiko, dass Abmachungen zwischen China und die USA auf Kosten europäischer Unternehmen gehen. In diesem Kontext wird eine möglichst weit reichende Lösung im Rahmen bestehender WTO-Regeln für Europa immer wichtiger.”
Spannungen zwischen den USA und China auch auf geopolitischer Ebene
Das Verhältnis zwischen den USA und China ist nicht nur in Handelsfragen, sondern auch auf geopolitischer Ebene angespannt: Anfang Mai warf Beijing den USA eine „Mentalität des Kalten Krieges“ vor. Zuvor hatte das US-Verteidigungsministerium gewarnt, dass Chinas wachsender militärischer Einfluss in der asiatisch-pazifischen Region die Vormachtstellung der USA dort gefährde. Für Spannung sorgte auch Chinas Ablehnung eines Vorstoßes von US-Präsident Donald Trump, der nuklearen Abrüstungsvertrag zwischen den USA, China und Russland vorgeschlagen hatte. drei Ländern vor. China forderte, die USA und Russland als größte Nuklearmächte müssten zuerst ihre Atomarsenale reduzieren.
Die Entwicklungen verdeutlichen Washingtons Sorge über Chinas Aufstieg und das selbstbewusstere Auftreten des Landes in der Weltpolitik. Auch bekräftigte Beijing zuletzt wiederholt seinen Anspruch auf Taiwan durch regelmäßige Manöver der Volksbefreiungsarmee nahe der Insel. Wie sich die US-chinesischen Beziehungen entwickeln, hängt auch vom Umgang beider Länder mit Nordkorea ab: Nach einem neuen Raketentest Pjöngjangs stellte sich die Regierung in Beijing hinter den Verbündeten. Die USA bemühen sich seit einiger Zeit auf höchster Ebene, Nordkorea zur nuklearen Abrüstung zu bringen.
Washington stellt sich offenbar auf die Konfrontation mit einem selbstbewussteren China ein: Die US-Marine entsandte im April zwei Kriegsschiffe in die Taiwanstraße. Die Regierung in Beijing bezeichnete die Taiwan-Frage daraufhin in einer öffentlichen Stellungnahme als „wichtigstes und sensibelstes Thema in den US-chinesischen Beziehungen“. Die Spannungen zwischen den beiden Ländern könnten an sich verschärfen, wenn die Handelsgespräche scheitern. Sollte die USA die angedrohten Importzölle auf chinesische Waren einführen, könnte Beijing durch eine Reaktion auf geopolitischer Ebene versuchen, die USA an den Verhandlungstisch zurückzuholen.
China und die Welt
Belt and Road Forum: Chinas Regierung umwirbt Industrieländer
Auf dem zweiten „Belt and Road Forum“ hat Chinas Präsident Xi Jinping internationale Kritik an der Infrastruktur-Initiative zum Ausbau einer sogenannten Neuen Seidenstraße zu zerstreuen versucht. Die Initiative werde „grün, sauber und transparent“, versicherte Xi in seiner Rede vor den nach chinesischen Angaben 5000 Teilnehmern aus 150 Ländern. Gleich 37 Staatsoberhäupter nahmen an dem Treffen teil, acht mehr als noch vor zwei Jahren. Auch Österreich, Zypern und Ungarn schickten erstmals ihre ranghöchsten Vertreter aus Europa in die Volksrepublik. Deutschland war durch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vertreten.
Xi stellte in seiner Eröffnungsrede die weitere Öffnung für ausländische Investitionen in Aussicht, versprach den besseren Schutz geistigen Eigentums und bekannte sich zum Multilateralismus. Auf dem Treffen wurden Abkommen in einem Volumen von USD 64 Milliarden (EUR 57 Milliarden) geschlossen. China investierte nach Angaben der chinesischen Zentralbank PBOC bislang USD 440 Milliarden in Infrastrukturprojekte entlang der neuen Seidenstraße.
Xis versöhnliche Töne zielten auch darauf ab, vor allem aus den USA kommende Kritik an der chinesischen Kreditvergabe an ärmere Länder und daraus entstehender Abhängigkeit zu entkräften. Er hob mit Blick auf ein stärkeres Engagement auch europäischer Partner Chinas Interesse hervor, multilaterale Zusammenarbeit in Drittstaaten entlang der neuen Seidenstraße zu stärken. Die chinesische Regierung bemüht sich bereits seit geraumer Zeit darum, europäische Staaten für eine offizielle Unterstützung von BRI zu gewinnen. Übereinkünfte (MoU) mit der Schweiz und Italien Anfang des Jahres waren erste Erfolge in diese Richtung.
Es bleibt jedoch offen, inwiefern die Volksrepublik diesen Worten auch Taten folgen lassen kann. Die chinesische Regierung steht aufgrund des anhaltenden Handelskrieges zunehmend unter Druck, braucht starke Partner und weiß, was diese hören wollen. Inwiefern China diese Versprechen einlösen kann, steht also auf einem anderen Blatt.
MERICS-Analyse: Jacob Mardell bereist derzeit mit Unterstützung von MERICS Länder entlang der Neuen Seidenstraße. Seinen aktuellen Bericht lesen Sie hier.
Kurz gemeldet
- Nukleare Abrüstung: China lehnt trilaterale Gespräche mit Russland und USA ab
- Konfrontation: Frankreich provoziert Beijing mit Militärmanöver in Taiwan-Straße
- Kooperation: China stimmt UN-Sanktionen gegen pakistanische Extremisten zu
- Investitionen: Neun Abkommen stärken Beziehungen von China und Kambodscha
Innenpolitik, Gesellschaft und Medien
Intellektuelle nutzen 100. Jahrestag der Bewegung des 4. Mai für Kritik
Chinesische Professoren und Studenten haben den 100. Jahrestag der 4.-Mai-Bewegung genutzt, um die offizielle Geschichtsdarstellung der Volksproteste von 1919 durch die Kommunistische Partei Chinas (KPC) kritisch zu kommentieren. Damals hatten Studenten in Peking gegen die schwache Haltung der Regierung gegenüber den Beschlüssen im Vertrag von Versailles, der ehemalige deutsche Kolonien in Shandong Japan zusprach. Die Demonstranten warben für die Stärkung von Demokratie und Wissenschaft. Die KPC interpretiert die Ereignisse als Beginn der kommunistischen Bewegung in China.
Staats- und Parteichef Xi Jinping forderte bei einer Gedenkfeier Ende April Chinas Jugend auf, der Partei zu folgen, ihr Land zu lieben und zur „Erneuerung“ des Landes beizutragen. Einige Akademiker nutzten indes den Jahrestag, um auf aktuelle Probleme und Ungerechtigkeiten in verschiedenen Teilen des chinesischen Systems hinzuweisen, so wie sich Intellektuelle vor hundert Jahren gegen ein zunehmend autokratisches Regime verbal zur Wehr gesetzt hatten.
Zhu Bangfen, ein Professor an der Qinghua-Universität, veröffentlichte zum Beispiel einen Online-Artikel, in dem er Plagiate und überbewertete Forschungsergebnisse kritisierte und beklagte, dass der wissenschaftliche Geist der 4.-Mai-Bewegung nicht mehr existiere. Ein ehemaliger Studentenführer der marxistischen Gesellschaft der Peking-Universität veröffentlichte ein YouTube-Video über Verhöre und Folter, Reaktionen der KPC auf sein öffentliches Eintreten für Arbeitsrechte und Gleichberechtigung. Im Vorfeld waren zudem sechs Studierende einer marxistischen Aktivistengruppe an der Peking Universität, die Arbeiterrechte unterstützt, plötzlich nicht mehr erreichbar. Sie hatten zuvor über Soziale Medien davon berichtet, dass sie verfolgt werden.
Andere Bürger erinnerten an Xu Zhangrun: Der damalige Professor für Verfassungsrecht wurde im vergangenen Jahr von der Qinghua-Universität verwiesen, nachdem er den Aufsatz "Unmittelbare Ängste, unmittelbare Hoffnungen" veröffentlicht hatte. In dem Artikel kritisierte Xu die zunehmend autoritären Neigungen der gegenwärtigen chinesischen Regierung.
Menschenrechtsorganisation: Polizei-App zeigt Ausmaß der Überwachung in Xinjiang
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat eine App analysiert, die von den chinesischen Behörden zur umfassenden Überwachung von Angehörigen der uigurischen Minderheit in der Autonomen Provinz Xinjiang eingesetzt wird. Laut einer detaillierten HRW-Analyse sammelt die App individuelle Informationen, meldet verdächtige Aktivitäten und identifiziert Verdächtige für Ermittlungszwecke. Genutzt wird die Anwendung unter anderem von der Polizei.
Die App liefert die gesammelten Informationen in eine von verschiedenen Behörden genutzte Datenplattform (IJOP, 一体化联合作战平台). Durch eine genaue Funktionsanalyse rekonstruierte HRW, welche Arten von Verhalten die chinesischen Behörden als „verdächtig“ einstufen. Demnach weist das System darauf hin, wenn jemand den Ort verlässt, an dem er angemeldet ist, wenn er ins Ausland reist oder bestimmte Software – zum Beispiel What‘s App oder Telegram – auf seinem Mobiltelefon installiert hat.
Xinjiang ist seit einiger Zeit zu einer Art Experimentierfeld für verschiedene Kontroll- und Überwachungstechniken geworden. Diese könnten schrittweise auch in anderen Teilen Chinas eingeführt werden. Auch die Lager zur “Ausbildung” von Minderheiten, über die viele Medien berichteten, sind Teil des Kontrollsystems, das sich zunehmend auf fortschrittliche Digitaltechnologien stützt. So gibt es inzwischen Gesichtserkennungssysteme, die darauf programmiert sind, Angehörige der uigurischen Minderheiten zu identifizieren.
Mareike Ohlberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MERICS: “Der Bericht von HRW macht deutlich, wie digitale Massenüberwachung in Xinjiang inzwischen traditionelle Überwachungsmaßnahmen verstärkt. Bei der Überwachung spielen Polizeiarbeit und die Zuarbeit durch Kader und Informanten weiter eine wichtige Rolle. Digitale Technologien fügen eine weitere Kontrollinstanz hinzu; sie ergänzen die bestehenden Strukturen.”
Kurz gemeldet
- Haftstrafen: Aktivisten der Hongkonger Regenschirm-Bewegung verurteilt
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Wirtschaft, Finanzen und Technologie
Chinas Zentralbank will Kreditvergabe über kleinere Banken ankurbeln
Die chinesische Zentralbank (People’s Bank of China, PBOC) will die Mindestreserve für kleine Banken senken und dadurch langfristig bis zu 280 Milliarden Yuan (EUR 37 Mrd.) für Kredite freisetzen. Angesichts einer befürchteten Abkühlung der chinesischen Wirtschaft durch den anhaltenden Handelsstreit mit den USA kündigte die Zentralbank an, dass etwa 1000 Geschäftsbanken im ländlichen Raum ab 15. Mai weniger Sicherheiten hinterlegen müssen.
Der Satz für die Mindestreserve soll - wie bei kleinen ländlichen Kreditkooperativen - auf acht Prozent gesenkt werden. Aktuell beträgt die Mindestreserve bei kleinen und mittelgroßen Banken zwischen 10 und 11,5 Prozent. Die PBOC hat seit Mitte 2018 wiederholt diese Anforderungen gesenkt, um die Liquidität zu erhöhen und die Konjunktur zu beleben. Der jüngste Schritt soll die Kreditbeschaffung für Klein- und Kleinstunternehmen erleichtern.
Durch staatliche Eingriffe wie die niedrigeren Reserveanforderungen blieb das chinesische Wirtschaftswachstum im ersten Quartal stabil. Die Erhöhung der Liquidität könnte jedoch die Bemühungen der Regierung schwächen, gegen die hohe Verschuldung und Risiken im Finanzsystem vorzugehen. Da Chinas Wirtschaft weiterhin fragil ist, sind weitere Erleichterungen beim Zugang zu Krediten sehr wahrscheinlich.
MERICS-Analyse: MERICS Economic Indicators Q1/2019. Von Max J. Zenglein und Maximilian Kärnfelt.
Kurz gemeldet
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- Telekommunikation: China Unicom geht neue Kooperationen für 5G-Ausbau ein
- Handel: Exporte gehen im April unerwartet zurück
Der europäische Blick
Umgang mit Huawei wird zum Balanceakt für die EU
Regierungsvertreter und Cybersicherheitsexperten aus 32 überwiegend europäischen Ländern haben einen ersten Schritt zur Angleichung der Sicherheitsbedingungen für 5G-Telekommunikationsnetze gesetzt. Der nicht bindende Vorschlag, auf den sich die beteiligten Länder Anfang Mai in Prag einigten, warnt Regierungen davor, auf Anbieter zu setzen, die durch ein Drittland beeinflussbar sein könnten. Das chinesische Unternehmen Huawei zählt zu den führenden Anbietern in dem Bereich.
Die USA warnen seit anderthalb Jahren davor, Huawei-Technik für den wichtigen 5G-Ausbau zu verwenden und haben in europäischen Staaten für ihren Kurs geworben. Das Treffen in Prag machte deutlich, dass Europa das zentrale Konfliktfeld in der Frage bleibt. Deutschland und Großbritannien haben sich – auch um Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu vermeiden – gegen Aufforderungen für ein Verbot von Huawei-Ausrüstung ausgesprochen. Am Mittwoch bekräftigte US-Außenminister Mike Pompeo bei einem Treffen mit seinem britischen Kollegen Jeremy Hunt in London, Großbritannien müsse im Umgang mit Huawei seine eigenen und auch die Sicherheitsinteressen seiner Verbündeten in den Vordergrund stellen.
Großbritannien will Huawei gestatten, am Aufbau von bestimmten Teilen des 5G-Netzes – nicht jedoch den Kernbereichen der neuen Technologie - mitzuwirken. Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson wurde entlassen, weil er geheime Informationen über die Entscheidung seiner Regierung weitergegeben haben soll. Von deutscher Seite hieß es, es gebe keine Hinweise für Verstöße Huaweis gegen Sicherheitsvorschriften. Da die EU auf strikte und einheitliche Standards für alle Unternehmen und nicht auf selektive Verbote setzt, könnte das darauf hindeuten, dass Huawei am Ausbau von 5G-Netzen in der EU beteiligt wird.
Im Profil
Trump als Vorbild: Reichster Mann des Landes will Taiwan wieder groß machen
Die Inspiration kam von der Seegöttin Mazu und US-Präsident Donald Trump: Der reichste Mann Taiwans, Terry Gou, will bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr Amtsinhaberin Tsai Ing-wen ablösen. Mazu habe im Traum zu ihm gesprochen und ihm gesagt, er solle etwas Gutes für die Menschen in Taiwan machen, sagte der 68-Jährige, als er im April sein Interesse an einer Kandidatur für das Staatsamt ankündigte. Und holte sich erst einmal Rat bei seinem “alten Freund” im Weißen Haus, Donald Trump. Öffentlichwirksam verschickte der Unternehmer dazu gleich Fotos von sich mit pinkfarbenem Basecap mit US- und taiwanischer Flaggendeko.
Eigentlich müsste Gou, Chef des Technologiekonzerns Foxconn, nicht mehr arbeiten. Sein persönliches Vermögen wird auf umgerechnet etwa sieben Milliarden Euro geschätzt. Foxconn stellt Computerchips, Handys und Unterhaltungselektronik unter anderem für Apple und Huawei her. Weil viele der Fabriken in China angesiedelt sind, hoffen Beobachter, dass Gou das angeschlagene Verhältnis Taiwans zum mächtigen Nachbarn verbessern helfen könnte - wenn er von der Oppositionspartei Kuomintang tatsächlich zum Kandidaten gekürt würde.
Solche Hoffnungen hat der umtriebige Unternehmer, der aus seiner Verehrung für Trumps rauen Regierungsstil kein Hehl macht, erst einmal enttäuscht. Er will Taiwan “wieder groß machen”, wie er es angelehnt an Trumps berühmtes “Make America great again” formuliert. Am Montag sandte er dann ein noch deutlicheres Signal an die Volksrepublik: China müsse “die Existenz der Republik China anerkennen”, sagte Gou vor Journalisten. In Beijing dürfte sich die Begeisterung über solche Äußerungen in Grenzen halten: die chinesische Regierung sieht in Taiwan eine abtrünnige Provinz.
Politische Konkurrenten glauben nicht, dass Gou angesichts seiner engen Geschäftsverflechtungen einen harten Kurs gegenüber China durchhalten kann. “Sein Wohlstand ist in Xi Jinpings Händen”, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg einen taiwanischen Politiker der Regierungspartei DPP.
Trumps Warnung bei dem 50-minütigen Treffen in Washington, Präsident sei ein “harter Job”, scheint Gou nicht zu schrecken. Überraschend ist das nicht, denn der Sohn eines im Bürgerkrieg nach Taiwan geflohenen Kuomintang-Soldaten ist für seine Zähigkeit und Härte berühmt: Sein Unternehmen, das heute weltweit mehr als eine Million Menschen beschäftigt, startete er in den frühen achtziger Jahren mit einem Kleinkredit und schlug sich in den USA als Vertreter durch. Er überstand eine Krise, als 2010 mehr als ein Dutzend Foxconn-Mitarbeiter sich das Leben nahmen, angeblich aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen.
Gou ist berüchtigt für seine Durchhaltekraft bei stundenlangen Sitzungen und erwartet von seinen engen Mitarbeitern Dauerbereitschaft. Zugleich spendet er großzügig für die Krebsforschung und finanzierte in Taipeh eine Krebsklinik. Die Freigiebigkeit hat einen traurigen Hintergrund: Sowohl Gous Frau als auch sein Bruder Tony starben an Krebs.