Spannungen zwischen London und Beijing
Großbritannien und China streiten über Demokratie- und Sicherheitsfragen
Die Fakten: Die chinesisch-britischen Beziehungen werden von mehreren Konflikten belastet. Am 4. Februar entzog die britische Aufsichtsbehörde Ofcom dem China Global Television Network (CGTN) die Sendelizenz für Großbritannien, nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, dass CGTN von der Kommunistischen Partei Chinas kontrolliert wird. Am gleichen Tag wurde berichtet, dass drei als Journalisten getarnte chinesische Spione des Landes verwiesen wurden.
Die britische Regierung ermittelt derzeit auch gegen britische Universitäten und Wissenschaftler, die möglicherweise unwissentlich gegen Exportkontrollgesetze verstoßen haben. Sie sollen sensible Forschungsergebnisse nach China übermittelt haben. Im Januar verabschiedete London Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass britische Unternehmen über ihre Lieferketten nicht an Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang beteiligt sind. Die Universität Manchester beendete eine Zusammenarbeit mit der China Electronics Technology Corporation, die in Xinjiang eingesetzte Massenüberwachungstechnologien liefert.
Der Blick nach vorn: Ausgelöst durch die Vorwürfe des „Völkermords“ in Xinjiang debattiert das britische Parlament derzeit eine Änderung des neuen Entwurfs des Handelsgesetzes. Dieser würde Freihandelsabkommen mit Staaten blockieren, denen Völkermord nachgewiesen wäre. Obwohl der Änderungsantrag in dieser Woche bei einer Lesung im Unterhaus knapp scheiterte, dürfte er erneut eingebracht werden, wenn das Gesetz ins Oberhaus eingebracht wird.
MERICS-Analyse: Mit Blick auf den Brexit hat sich Premierminister Boris Johnson für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China stark gemacht. Er steht jedoch unter wachsendem Druck einer überparteilichen Gruppe von Abgeordneten, die (geo-)politische Überlegungen berücksichtigt sehen wollen. Chinas forsches internationales Auftreten und Vorgehen in Hongkong haben diese Stimmen verstärkt. Im vergangenen Jahr zum Beispiel drängten sie Johnson erfolgreich zu einer Kehrtwende in Bezug auf Huawei. Das Ergebnis war die Verordnung, Huawei-Komponenten bis 2023 aus dem britischen 5G-Netz auszuschließen. Die britische Regierung arbeitet derzeit an einer "Global Britain"-Agenda für die Zeit nach dem Brexit. Sie möchte künftig eng mit US-Präsident Biden und gleichgesinnten Demokratien zusammenarbeiten, um der Herausforderung durch China zu begegnen.
Medienberichte und Quellen:
- CGTN: Stellungnahme des scheidenden chinesischen Botschafters in Großbritannien
- The Telegraph: Als Journalisten getarnte chinesische Spione aus Großbritannien ausgewiesen
- Aljazeera: Untersuchung gegen britische Forscher wegen Weitergabe von militärischen Forschungsdaten an China
- Politico: Großbritannien wirbt um Zusammenarbeit mit Biden zu China
- Ofcom: Entzug der Lizenz von CTGN
- BBC: Streit um Genozid-Gesetz
Zwischenbilanz des US-chinesischen Handelsabkommens: mäßig erfolgreich
Die Fakten: China hat seine Verpflichtungen im Rahmen des vor einem Jahr mit den USA unterzeichneten Phase-Eins-Handelsabkommens bisher nicht erfüllt. Die chinesischen Importe von US-Gütern verfehlten das Ziel von 159 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020; sie erreichten nur 94 Milliarden Dollar. Ein Grund dafür könnte in den Belastungen der chinesischen Wirtschaft durch die Corona-Pandemie liegen. Die Ziele wurden in vielen Sektoren nicht erreicht, besonders bei landwirtschaftlichen Gütern, Halbleitern und medizinischen Produkten. China verpflichtete sich auch zur Öffnung des Finanzsektors, zu strukturellen Änderungen bei geistigen Eigentumsrechten und zur Reduzierung von erzwungenen Technologietransfers sowie von Wechselkurs-Manipulationen. Die Fortschritte in diesen Bereichen waren größtenteils signifikant, wie der jüngste Jahresbericht des IWF über China bestätigte.
Der Blick nach vorn: 2021 hofft China auf eine Rückkehr zur Normalität nach dem Einbruch durch die Pandemie. Die Handelsdaten des ersten Halbjahres sollten zeigen, ob Beijing seine Importverpflichtungen einhält. Sollte dies der Fall sein, wird es interessant sein, wie die Verbündeten der US-Regierung reagieren, denn sie dürften durch eine Verlagerung der chinesischen Nachfrage auf US-Importe Nachteile erleiden. Sollte China seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, wird sich die Regierung Biden entscheiden müssen, ob sie Beijing ähnlich wie Donald Trump unter Druck setzt oder auf multilaterale Lösungswege setzt. Bislang hat die US-Regierung nur betont, sie werde das Abkommen in eine breitere Überprüfung ihrer China-Strategie einbeziehen.
MERICS-Analyse: Die Zahlen für 2021 werden zeigen, ob China seine Verpflichtungen einlösen wird oder ob sich die EU mit Blick auf das Investitionsabkommen CAI womöglich Sorgen machen muss. Chinas Zusagen bei strukturellen Veränderungen passen in das offizielle Narrativ seines Entwicklungsmodells. Das legt nahe, dass China sich nur zu Reformen verpflichtet, die es ohnehin beabsichtigt.
Mehr zum Thema: Im neuen MERICS China Monitor „Auf dem Weg zum ‚extremen‘ Wettbewerb“ untersucht Matt Ferchen die US-chinesischen Beziehungen unter der Regierung Biden. Die Studie in englischer Sprache können Sie hier online lesen.
Andere Experten zum Thema:
- VoxEU: Die Auswirkungen des Phase-Eins-Handelsabkommens
- Peterson Institute: Warum Trumps Phase-Eins-Handelsabkommen mit China scheiterte
- IWF: Bericht über Volksrepublik China: Artikel IV-Konsultation 2020
Medienberichte und Quellen:
China führt neues nationales Emissionshandelssystem ein
Die Fakten: Im Bemühen um eine klimafreundlichere Gestaltung der Wirtschaft hat China am 1. Februar sein nationales Emissionshandelssystem (NETS) gestartet. Das System befindet sich noch in den Anfängen und wird in den nächsten Jahren ausgerollt. Derzeit deckt es nur die großen Energieerzeuger ab, soll aber künftig alle großen umweltverschmutzenden Sektoren, wie etwa Stahl und Zement, einbeziehen und das NETS schließlich zum mit Abstand größten Emissionshandel der Welt machen.
Das System basiert auf der CO2-Intensität. Es wird eine Basislinie festgelegt, wie viel Kohlendioxid-Ausstoß pro produzierter Energieeinheit erlaubt ist. Das unterscheidet NETS vom europäischen System, das eine absolute Zielvorgabe für CO2-Emissionen verwendet. Das NETS wird in der ersten Phase 2225 Energieversorgungsunternehmen erfassen, die ein Drittel der CO2-Emissionen Chinas ausmachen. Dieser Anteil soll schrittweise auf 80 Prozent ansteigen. Die Städte Wuhan und Shanghai errichten jeweils ein Register- und Handelszentrum für CO2-Zertifikate und bauen dabei auf bestehende Institutionen aus lokalen Pilotprojekten auf.
Der Blick nach vorn: Die derzeitigen Standards des NETS sind zu niedrig, um die Emissionen deutlich zu verringern. Das könnte sich schnell ändern, sobald die Effizienzstandards strenger werden. Beijing plant zudem eine neue öffentliche Plattform für die Verfolgung von Emissionen und die Meldung von Umweltverstößen, beides war in der Vergangenheit schwer kontrollierbar. Im kommenden Fünfjahrplan wird die chinesische Führung die Umwelt- und Klimapolitik vorantreiben, sie ringt aber immer noch um ein Gleichgewicht zwischen dem Wirtschaftswachstum und dem schmerzhaften Strukturwandel weg von umweltschädlichen Industrien. Große neue Investitionen in Kohle könnten zudem Fortschritte bei der Reduzierung des Kohlenstoff-Ausstoßes relativieren. Eine konsequentere Politik für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wird entscheidend sein.
MERICS-Analyse: „Das Emissionshandels-System ist ein wichtiges Element in Beijings Kampf gegen den Klimawandel. Es hat allerdings noch Schwächen, wenn zum Beispiel Emittenten im Energiesektor mit Marktmechanismen reguliert werden sollen, obwohl diese in ihrem Investitionsverhalten keiner Marktlogik folgen. China sieht den Klimawandel als reale Bedrohung. Mit der Rückkehr der US-Regierung in die internationale Klimazusammenarbeit ist der Wettbewerb um globale Führung und Standards allerdings wieder härter geworden. Die Wiedereinsetzung des 71-jährigen Xie Zhenhua als Sondergesandten für Klimafragen ist ein klares Signal, dass China in der Klimadiplomatie nicht nachgeben will“, sagt MERICS-Experte Nis Grünberg.
Medienberichte und Quellen:
- Caixin: Chinas Emissionshandel wird durch unbeantwortete Fragen behindert
- China Dialogue: Chinas nationaler Emissionshandel steht kurz vor dem Start
- Klimawandel-Nachrichten: Klima-Veteran Xie kehrt als Chinas Sondergesandter zurück
China hält sich in Aussagen zu Militärputsch in Myanmar zurück
Die Fakten: Nach dem Militärputsch des Militärs in Myanmar hält sich Beijing mit Kritik an den beteiligten Generälen bislang zurück. Während aus anderen Ländern scharfe Kritik kam, reagierte Beijing bisher verhalten. China blockierte die Bemühungen um eine kritische Erklärung im UN-Sicherheitsrat. Die parteistaatliche Nachrichtenagentur Xinhua beschrieb die Entwicklungen in Myanmar als eine "große Kabinettsumbildung". Das Außenministerium erklärte, China versuche die Situation zu verstehen, und rief zu Ruhe und Stabilität auf – es führte dabei das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder an.
Der Blick nach vorn: Der Putsch ist keine gute Nachricht für China. Denn es verfolgt klare strategische und wirtschaftliche Interessen in Myanmar - nicht zuletzt wegen des China-Myanmar-Wirtschaftskorridors, der Teil der Neuen Seidenstraße (BRI) ist. China hat Interesse daran, dass die Lage in Myanmar stabil und das Land in die internationale Gemeinschaft integriert bleibt. In den vergangenen Jahren hatte Beijing auch enge Beziehungen zu Aung San Suu Kyi und ihrer Partei gepflegt. Jetzt muss China eine neue Allianz mit dem Militär schmieden, einem in der Vergangenheit schwierigen Partner.
MERICS-Analyse: „Chinas Beziehungen zu Myanmar stehen und fallen nicht ausschließlich mit den dortigen Machtverhältnissen –Beijing wäre wohl auch bereit, mit den Generälen zu verhandeln. Die verhaltene Reaktion auf den Putsch deutet auch darauf hin, dass Beijing nicht mit radikalen Kurswechseln des Militärs glaubt. Eine andauernde Instabilität, Sanktionen oder eine internationale Isolierung Myanmars könnte für China aber kostspielig werden.“ MERICS-Expertin Helena Legarda.
Medienberichte und Quellen:
- FMPRC: Chinas Außenministerium zum Putsch
- Xinhua: Myanmar kündigt Kabinettsumbildung an
- The Guardian: Biden droht nach Myanmar-Putsch mit Sanktionen
- Global News: UN-Sicherheitsrat berät über Myanmar, aber kein Beschluss
17+1-Gipfel bringt durchwachsene Ergebnisse für China
Die Fakten: Zum ersten Mal in der Geschichte des 17+1-Formats (früher 16+1) hat Chinas Präsident Xi Jinping persönlich an dem diesmal virtuellen Gipfel mit Vertretern der mittel- und osteuropäischen Länder (MOE) teilgenommen. Dass Xi den Premier Li Keqiang am 9. Februar vertrat, ist als Aufwertung des Treffens zu deuten. Xi bekundete die Bereitschaft Chinas, bei der Verteilung von Impfstoffen zu kooperieren und die Zollabfertigung zu koordinieren. Er kündigte an, in den nächsten fünf Jahren Waren im Wert von 170 Milliarden USD aus Zentral- und Osteuropa zu importieren und die Importe von Agrar- und Ernährungsprodukten zu verdoppeln. Die Teilnehmer konnten sich nicht auf eine belastbare politische Erklärung einigen, veröffentlichten aber einen "Aktionsplan" für das kommende Jahr.
Der Blick nach vorn: Obwohl fünf Staatsoberhäupter und sechs Premierminister an dem Treffen teilnahmen, entsandten mehrere Länder keinen ranghohen Vertreter. Sechs Länder waren nur auf Ministerebene vertreten: dazu zählten die drei baltischen Staaten sowie Bulgarien, Slowenien und Rumänien. Es war die niedrigste Beteiligung von ranghohen Regierungsvertretern bei einem 17+1-Treffen. Das Format erscheint somit für die Zukunft geschwächt.
MERICS-Analyse: Xis Vorschläge werden von den Regierungen der zentral- und osteuropäischen Länder an den verfehlten Versprechen Chinas in der Vergangenheit gemessen werden. Es ist fraglich, ob sich in den betreffenden Ländern der Trend, China-Beziehungen zunehmend durch eine sicherheitspolitische Brille zu betrachten, noch umkehren lässt.
Medienberichte und Quellen:
- Außenministerium der VR China: Rede von Xi Jinping auf dem 17+1 Treffen
- Global Times: 17+1-Gipfel gibt Kurs für die Zusammenarbeit nach der Pandemie vor
- People's Daily: Auf dem 17+1-Gipfel beschlossener Aktionsplan
METRIX
116 Milliarden
Chinas private Stahlwerke waren im Jahr 2020 rentabler als die staatlichen Werke. Laut einem Caixin-Bericht steigerten die großen Werke in Privatbesitz ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 161 Mrd. RMB (24,9 Mrd. USD), was auf ihre höhere Flexibilität am Markt zurückzuführen sei. Die durchschnittliche operative Gewinnmarge der privaten Stahlwerke lag bei 4,8 Prozent, die der staatlichen ging auf 4,41 Prozent zurück.
REZENSION: Welfare for Autocrats: How Social Assistance in China Cares for its Rulers, Jennifer Pan (Oxford University Press, 2020)
Die Kommunistische Partei Chinas hat einen umfangreichen inländischen Überwachungsapparat aufgebaut, diese Erkenntnis ist nicht neu. Die politische Stabilität aufrecht zu erhalten, hat für die chinesischen Behörden oberste Priorität. Über dieses Thema wurde schon viel geschrieben, aber Jennifer Pans Buch „Wohltätigkeit für Autokraten“ findet einen neuen Blickwinkel auf diesen Komplex. Pan analysiert, wie die Bereitstellung von Sozialleistungen zur Überwachung und sozialen Kontrolle genutzt werden kann.
Im Zentrum des Buches steht das chinesische Dibao-System, das Geldtransfers an die Ärmsten ermöglichen soll. Wer in China unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt, hat Anspruch auf diese Transfers. Da das System jedoch stark unterfinanziert ist, erhalten nur 16 Prozent der Berechtigten Bürger tatsächlich einen Dibao.
Pan hat in China Feldforschung betrieben und Testanfragen bei Behörden gestartet. Sie zeigt in ihrer Analyse am Beispiel dieses Transfersystems, wie das Primat der politischen Stabilität die Sozialsysteme durchdringt. So priorisieren nach ihrer Beobachtung die chinesischen Behörden Gruppen, die eine potenzielle Bedrohung für die politische Ordnung darstellen - in der Regel ehemalige Häftlinge und Empfangsberechtigte, die in der Vergangenheit soziale oder politische Unruhen geschürt haben.
Durch die Geldtransfers schafften die Behörden Gelegenheiten für Kontakte: Örtliche Kader sprechen gezielt die besagten Zielgruppen an, um sich über ihre Haltungen und mögliches Unruhepotenzial zu erkundigen und potentiell problematische Aktivitäten frühzeitig zu unterbinden.
Pans Buch ist eine großartige Lektüre für alle, die sich für die subtileren Mechanismen der politischen Kontrolle in China interessieren. Eine kleine Schwäche ist die Auseinandersetzung mit dem breiteren Streben der Regierung nach digitalisierter Überwachung: Pan diskutiert im letzten Kapitel in einem Atemzug eine große Bandbreite von Initiativen. Eine differenziertere Analyse, wie diese Systeme funktionieren, interagieren und wie digitalisiert sie tatsächlich sind, wäre hier wünschenswert gewesen.
Rezension von Vincent Brussee, assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter bei MERICS.
IM PROFIL: Guo Shuqing möchte Chinas Fintech-Sektor entschärfen
Chinas oberster Bankenregulator, Guo Shuqing, ist auf einer Mission. Er möchte den wachsenden Fintech-Sektor des Landes zügeln, der im Gegensatz zum traditionellen Bankensystem von privaten Unternehmen dominiert wird. Als Vorsitzender der Regulierungsbehörde für Banken und Versicherungen (CBIRC) ist es sein Job, den Finanzsektor zu deregulieren und dort schlummernde Risiken zu beseitigen. Guo war auch im Amt, als die CBIRC im vergangenen November den 37 Milliarden Dollar schweren Börsengang der Ant Group stoppte. Er orchestrierte auch die Formulierung neuer Verfahrensregeln, welche die Zerschlagung der Online-Zahlungssparte der Ant Group aus kartellrechtlichen Gründen erzwingen könnten. Indem er Alibaba-Gründer Jack Ma in die Schranken wies, demonstrierte Guo auch, dass es in China keinem Fintech-Unternehmen erlaubt sein wird, "zu groß zum Scheitern" zu werden.
Guos Einfluss in Chinas Finanzpolitik reicht weit: Seit 2017 ist er auch Vize-Vorsitzender der chinesischen Zentralbank PBOC, er leitet auch die Parteizelle der Bank.
Guo ist für seine Skepsis gegenüber der Internet-Finanzbranche berüchtigt, der chinesischen Peer-to-Peer-Kreditbranche steckte er deutliche Grenzen. Bezahl-Apps bescheinigte er zwar durchaus Nutzen für die Realwirtschaft. Zugleich ermahnt er unermüdlich zur Vorsicht gegenüber allzu vollmundigen Versprechen in Investitionen im Fintech-Bereich.
Der 65-Jährige wurde in der Inneren Mongolei geboren und studierte Philosophie und Marxismus, bevor er sich auf die Wirtschaftswissenschaften konzentrierte. Sein Studium führte ihn als Gastwissenschaftler auch an die Universität Oxford. Aber Guo ist in erster Linie ein Parteimann. Er ist bekannt dafür, komplexe Probleme zu lösen. So hat er bereits Reformen zur Beendigung von Insiderhandel und Marktmanipulationen auf dem Aktienmarkt auf den Weg gebracht. Mit seiner Erfahrung als Leiter der China Construction Bank und seiner Zeit als Gouverneur der Provinz Shandong hat er das Vertrauen von Präsident Xi Jinping, Chinas sich schnell entwickelnden Finanzsektor durch Regulierung zu entschärfen.
Medienberichte und Quellen:
IM PROFIL: Agora: Der chinesische Technologieanbieter hinter Clubhouse
Die Talk-App Clubhouse macht momentan allerorten Schlagzeilen. Auch in China zog die App Nutzer an, die dort dann über sensible Themen wie Xinjiang, Hongkong oder Taiwan diskutierten. Teilnehmer der Debatten berichteten über die ungewohnte Erfahrung von Dialogen ohne staatliche Zensur. Dies währte nicht lange: am 8. Februar blockierten die chinesischen Behörden die App.
Doch mindestens so interessant wie das Phänomen Clubhouse ist das chinesische Unternehmen Agora. (上海兆言网络科技有限公司). Die 2012 in Guangzhou gegründete Firma hat die Technologie entwickelt, auf der Clubhouse und andere Echtzeit-Audio- und Video-Apps basieren. Gründungsvater von Agora ist der ehemalige Webex-Mitarbeiter Tony Zhao (赵斌). Agora ist eine Entwicklerplattform für die Erstellung von Video und Sprach-Apps in Echtzeit, zum Beispiel für virtuelle Klassenzimmer, Konzerte, Arztbesuche oder Dinnerpartys. Das Unternehmen sieht sich als Wegbereiter für öffentliche Online-Versammlungen.
Im Unterschied zu herkömmlicher Sprach- und Videoübertragungssoftware wirbt Agora mit Verbesserungen bei Qualität und Konstanz, selbst bei niedriger Netzwerk-Geschwindigkeit und für Geräte mit schwacher Leistungsfähigkeit.
In den vergangenen fünf Jahren verzeichnet Agora eine hundertfache Nutzungssteigerung. Etwa 80 Prozent des Umsatzes stammt aus China. Die Technologie wurde in Oppo, der viertgrößten Handymarke der Welt, integriert und wird von dem Bildungsdienstleister New Oriental genutzt.
Die Verbindung zu Clubhouse wird Agora wohl nicht schaden - als Gerüchte über die Zusammenarbeit bekannt wurden, stiegen die Aktien des Unternehmens innerhalb eines Tages um 30 Prozent. Während Clubhouse in China inzwischen gesperrt worden ist, könnte Agora einen Raum für anderen chinesische Diskussionsformate bieten. Seit dem 8. Februar sind bereits einige Clubhouse-Nachahmer aus China erschienen, sie alle wurden mit Agora eingerichtet.
Medienberichte und Quellen:
- Interconnected: Was genau macht Agora?
- SCMP: Agoras Wachstum innerhalb von fünf Jahren verhundertfacht
- China.com (Chinesisch): Agora kooperiert mit Oppo
MERICS China Digest
MERICS Top 3
- Wall Street Journal: Biden und Xi sprechen über Menschenrechte, Klima und Handel
- Reuters: Chinas Geburtenrate fällt auch wegen Corona um 15 Prozent
- Caixin: Hunderte Unternehmen der HNA Group werden wohl umstrukturiert
Innenpolitik, Gesellschaft und Medien
- Global Times: Innere Mongolei verabschiedet Verordnung zur Förderung der ethnischen Einheit
- GLAN: Behandlung der Uiguren stellt Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar
Wirtschaft, Finanzen und Technologie
- Reuters: Jack Ma nicht mehr auf Liste wichtigster Unternehmer
- Politico: Chinesische Raumkapsel tritt in Mars-Umlaufbahn ein
- AHK China: Laut Umfrage positive Geschäftsaussichten für deutsche Unternehmen in China
- Reuters: VW experimentiert in China mit flugfähigen Autos
- Wall Street Journal: Tencent-Manager wegen Korruptionsverdacht festgesetzt
Internationale Beziehungen